Kundenkarten vs. Datenschutz

Mit Anfang des Jahres macht eine Webseite mit dem Namen nocard.info auf sich und das Thema Kundenkarten aufmerksam. Kurz zur Erklärung: Die Seite bietet per Zufall generierte Codes an, welche sich bei Billa, Bipa & Merkur als Kundenkarte verwenden lassen, ohne selbst eine solche zu besitzen. Das Problem daran, es funktionieren nur jene Codes, welche bereits in Form von echten Kundenkarten im Umlauf sind. Man verwendet also quasi den Code einer anderen Person, um von Aktionen zu profitieren.

Viele Kunden beschweren sich nun darüber, dass durch diese Webseite fremde Personen Zugriff auf ihre „wertvollen“, angesammelten Rabatte haben und diese aufbrauchen können. Funfact: Der Unmut der Kunden wird zu 99% auf nocard.info abgewälzt, während eigentlich der REWE-Konzern und dessen unsichereres System der Ursprung dieses Problems sind. Dazu kann ich nur sagen: Tötet nicht den Boten!

Dem REWE-Konzern passt das Konzept hinter nocard.info natürlich überhaupt nicht. Schließlich werden solche Kundenkarten nicht aus Liebe zum Kunden angeboten, sondern um selbst davon zu profitieren. Im Fall von Kundenkarten liegt dieser Profit in den tausenden Datensätzen, die durch die Verwendung von eben solchen Karten anfallen. Diese zeigen nicht nur das Einkaufsverhalten, sondern lassen auch in weiter Folge auf Alter, Geschlecht und weitere Merkmale schließen. Daher werden die Datensätze für REWE uninteressant, sobald eine Karte willkürlich von unterschiedlichen Personen verwendet wird.

Die Angabe von falschen Daten mag hier zwar nach einer geeigneten Lösung klingen, um diesen Datenwirrwarr zu entkommen, doch so einfach ist es nicht. Konzerne brauchen nicht die Person und die dazugehörige Anschrift, um die gesammelten Datensätze nutzen zu können. Es mag die Sache zwar etwas erschweren, die Verbindungen zur richtigen Person herzustellen. Durch die Kombination von anderen Datensätzen wie sie durch weitere Kundenkarten, Social-Media Profile oder Sonstiges anfallen, würden sich solche Verbindungen aber leichter herstellen lassen, als es den meisten Menschen bewusst ist. Es ist für den normalsterblichen Bürger schließlich heutzutage nahezu unmöglich keine Spuren auf irgendwelchen Servern, Profilen, Webseiten, etc. zu hinterlassen. (Außer man achtet natürlich gezielt darauf.)

Einige werden sich nun vielleicht fragen: Was genau ist nun das Problem daran, wenn der Billa weiß, dass ich 30 Jahre alt bin, in Wien wohne, regelmäßig Bier kaufe und meist ungesunde Fertiggerichte konsumiere? Nun aus solchen Datensätzen lassen sich in weiterer Folge natürlich einige mögliche Schlüsse ziehen. Wie zum Beispiel: Jemand läuft eventuell Gefahr demnächst erhöhte Leberwerte zu haben oder gar Alkoholiker zu werden. Solche Daten wären nun zum Beispiel für eine Entziehungsklinik oder sonstige Medikamentenfirmen äußerst nützlich. Bevor wir uns versehen, haben wir ein Werbeprospekt der nächstgelegenen Selbsthilfegruppe für Alkoholiker im Postkasten.

Banaler ausgedrückt: Man wird in Schubladen gesteckt und kategorisiert ohne selbst gefragt zu werden, ob dies überhaupt in irgendeiner Form realistisch ist. Diese Daten laufen natürlich durch die Speicherung auch Gefahr, gestohlen zu werden und in falsche Hände zu gelangen. Um das Ganze nun endgültig übertrieben darzustellen: Durch solche Daten KÖNNTE es in Zukunft reintheoretisch möglich sein, dass man z.B. einen Job oder einen Kredit nicht bekommt, weil eine Firma bzw. Bank davon ausgeht, dass sie eventuell ihr Leben nicht im Griff haben.

Dies mag nun natürlich absurd klingen und soweit geht es natürlich noch lange nicht. Aber ich möchte damit klar machen, was bereits mit solchen „banalen“ Datensätzen alles angestellt werden könnte. Um also dieser Datensammelwut zu entfliehen, muss man selbst auf mittlerweile zur Gewohnheit gewordenen Luxus verzichten. Um also keine Datenspuren zu hinterlassen, muss man also vielleicht einmal etwas weniger Einkaufen, Bar bezahlen und keine Kundenkarte verwenden. Anders gesagt, man muss auf etwas verzichten, und sei es nur die Bequemlichkeit per Karte zu zahlen, anstatt das Geld herauszusuchen, um etwas für den Datenschutz zu tun. Man muss also selbst aktiv werden, und genau das ist eines der größten Probleme, die unsere Gesellschaft mit diesem Thema hat. Erst wenn es einmal einen Zwischenfall geben wird, wird es allen wie Schuppen von den Augen fallen.

Bevor sie also beim nächsten Mal eine Kundenkarte zücken, überlegen Sie sich, ob ihnen die Abgabe ihrer persönliche Daten, die paar € Ersparnis wert sind. Oder ob Sie nicht lieber auf eine Tafel Schokolade verzichten sollten und dafür ohne Kundenkarte einkaufen.

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